„Wenn ich jemals feindselig war, dann gegenüber der Dummheit und gegenüber der Verletzung von Menschenrechten.”

Quelle und weitere Zitate

Ein Jahr Krieg: „Alle Werte verfallen durch Verachtung“

Dass eines Tages wieder eine niederträchtige und feige Gestalt wie einst der unsägliche Postkartenmaler aus Braunau Völker- und Menschenrechte in heute fast unvorstellbarer Weise verletzt, war nie auszuschließen. Wenn uns die Geschichte zwei Dinge lehrt, dann, dass in jedem Menschen Gutes und Böses steckt und dass es unsere lebenslange Aufgabe sein sollte, unsere dunkle, rohe Seite zu kontrollieren und zu versuchen, mit Hilfe unserer guten Eigenschaften die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Nun ist es wieder passiert, mit frappierenden Parallelen zur dunkelsten Zeit, die Deutschland je erlebt hat. Dieses Mal ist es kein gescheiterter Kunstmaler, sondern ein kleiner Agent, der – wie auch immer – zu großer Macht gelangte und nun den primitivsten Anlagen seiner Existenz freien Lauf lässt. Und wir erlebten bzw. erleben leider weitere geschichtliche Parallelen:

  • Politiker der demokratischen Sphäre, die mit einer Mischung aus Heuchelei, Naivität, Profitgier, Selbstüberschätzung und Unfähigkeit das Böse jahrelang meinten übersehen zu dürfen oder gar bekehren zu können.
  • Ignoranz der sich über viele Jahre aufbauenden revisionistischen und revanchistischen Haltung eines hochgerüsteten Staates.
  • Ein offenbar gerne übersehener schrittweiser Kriegsbeginn im Stile Deutschlands des Jahres 1938.
  • Eine Kriegsführung des Aggressors, die in ihrer Rücksichtlosigkeit und Menschenverachtung an das erinnert, was wir aus Geschichtsbüchern und Zeitzeugenberichten über das Vorgehen der Wehrmacht wissen.
  • Ignoranz der unfriedlichen Absichten und Sichtweisen des Aggressors, die zwar nicht in einer gebundenen Programmschrift vorliegen, aber schon längere Zeit hörbar und einsehbar waren.

Seit nunmehr genau einem Jahr zahlen Millionen Ukrainer hierfür einen unvorstellbar hohen Preis – nicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Erst jetzt erinnern wir uns in Deutschland daran, was wir den Menschen der Ukraine im zweiten Weltkrieg angetan haben. Warum zählte nicht auch der Schutz ihrer Nachfahren zu unserer Staatsraison? Warum haben wir über viele Jahre unsere Geschäftsinteressen weit über die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen in der Ukraine gestellt?

Der tiefe ethisch-moralische Fall einer einstigen Kulturnation und die daraus resultierenden Folgen für Millionen Menschen sind schon bedrückend genug. Macht zumindest die Reaktion der restlichen Welt Hoffnung, dass die Menschheit nicht gänzlich in tiefer Unmoral und steinzeitlicher Ethik versinkt? Eugène Ionesco zog zu seiner Zeit eine Lehre aus der Lektüre der Werke von William Shakespeare und resümierte u.a.: „Alle Werte verfallen durch Verachtung.“ Die hiermit gemeinten Werte muss man in China, Indien, Brasilien, der Türkei und vielen anderen Staaten, die sich gegenüber dem Aggressor neutral oder gar wohlwollend verhalten, erst gar nicht suchen. Aber auch in unserer westlichen Sphäre darf man sich dieser Wertvorstellungen nicht allzu sicher sein, wenn man genauer hinschaut, wie Unternehmen, Politiker und Bürger sich verhalten und äußern. Wenn Rückschläge in der persönlichen Lebensqualität drohen oder sich auch nur Gelegenheiten zu dessen Steigerung bieten, wenn Unternehmen oder Politiker Chancen sehen, ihre Klientel besser zu befriedigen oder nicht zu verlieren, scheint moralischer Anstand selbst in unserer so zivilisierten westlichen Welt sehr schnell ein Preisschild zu haben. Wenn wir es nicht schaffen, ein gewisses Niveau des moralischen Anstands unter allen Umständen zu halten und gegen äußere Angriffe zu schützen, sind auch hierzulande Barbarei und Unterdrückung nicht mehr undenkbar. Dessen sollten wir uns bewusst sein und Menschen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen, bedingungslos unterstützen. Lassen wir besser nicht zu, dass Werte auch nur ansatzweise durch Verachtung verfallen.

Zurück